Dieses Team hat einen Neustart gebraucht 11FREUNDE

December 2024 · 6 minute read

Jule Brand, vor der WM sagten Sie uns: Seit der EM werde ich häu­figer erkannt, vor allem in der Heimat.“ Wie ist das heute?
Jule Brand: Es ist wie vor dem Tur­nier im Sommer. Ver­ein­zelt kommt es vor, dass ich nach einem Bild gefragt werde, aber es ist nie nervig.

Sie sagten auch: Es ist nicht so wie bei Poppi, die kann ja kaum einen Meter gehen.“
Alex­andra Popp (Lacht.): Das hast du gesagt? Also: Seit der EM im ver­gan­genen Jahr war es in man­chen Momenten sicher­lich extrem, nach der WM im Sommer ist es nicht weniger geworden. Es gibt Momente, in denen man gerne weiter privat unter­wegs wäre, und solche Anfragen nerven können. Ander­seits ist es genau das, was wir immer wollten.

Wie meinen Sie das?
Popp: Wir wollten die Sicht­bar­keit, die wir durch die letzten beiden Tur­niere bekommen haben. Das ist Teil der Rech­nung, auch wenn uns nicht alles daran gefällt. Die Men­schen ver­ein­nahmen uns ein Stück weit, es gibt wenig Bitte“ und Danke“, es wird an unseren Armen gezogen für ein Foto. Daran muss ich mich gewöhnen, und manchmal lasse ich es mir auch ein­fach nicht gefallen.

Auch in den letzten Jahr­zehnten haben sich viele Men­schen für den Frau­en­fuß­ball inter­es­siert. Sie waren jah­re­lang das Gesicht des deut­schen Frau­en­fuß­balls, Birgit Prinz. Sind die Situa­tionen heute mit denen damals zu ver­glei­chen?
Birgit Prinz: Damals – das finde ich wirk­lich ein schlimmes Wort. So lange ist es noch gar nicht her! (Lacht.) Aber natür­lich sind die Situa­tionen mit­ein­ander zu ver­glei­chen. Ich denke, die Fans haben mich in ähn­li­cher Weise beachtet wie heute Poppi. Ich habe das als großen Ein­schnitt in mein Pri­vat­leben emp­funden. Und ich bin froh, dass sich das gelegt hat.

Aus sport­li­cher Sicht wird das Jahr über­schattet vom Aus in der Grup­pen­phase bei der Welt­meis­ter­schaft. Wie fällt für Sie das Fazit zu diesem Tur­nier aus? Und ist es über­haupt mög­lich, das vom sport­li­chen Abschneiden abzu­grenzen?
Popp: Grund­sätz­lich geht das schon. Ich glaube, die letzten Wochen haben gezeigt, dass die Fans trotzdem ins Sta­dion kommen und es keinen Bruch gab, was ich für den deut­schen Frau­en­fuß­ball extrem wichtig finde.

Brand: Das sehe ich auch so. Sport­lich war es defi­nitiv nicht das, was wir wollten und was wir uns vor­ge­nommen haben. Aber der Blick geht längst wieder nach vorne.

Die Natio­nal­mann­schaft hat sich seit der ver­korksten WM mehr­fach zu Län­der­spiel­reisen zusam­men­ge­funden. Wie sehr ist das Tur­nier noch Thema? Oder haben alle ver­sucht, Abstand zu gewinnen?
Popp: Wir ste­cken ohnehin in keiner ein­fa­chen Situa­tion. Direkt nach der WM ging es darum, die Chancen auf das Olym­pi­sche Tur­nier 2024 zu wahren. Das ist uns bis­lang gelungen. Natür­lich war die Situa­tion um die erkrankte Bun­des­trai­nerin nicht ein­fach, dadurch hat sich vieles ange­fühlt, als hänge etwas in der Schwebe.

Birgit Prinz, Sie haben die Natio­nal­spie­le­rinnen über Jahre als Psy­cho­login betreut. Mit wel­chen Ideen haben Sie Ihre Arbeit nach dem WM-Aus ver­folgt?
Prinz: Wie Alex gesagt hat, war vieles im Schwe­be­zu­stand. Und ich denke, dass dieses Team einen Neu­start gebraucht hat. Es ist aber immer mög­lich, bis zum nächsten Tur­nier her­aus­zu­fil­tern, in wel­chen Berei­chen sich jeder ver­bes­sern kann.

Hilft es Spie­le­rinnen, wenn man aus der eigenen Zeit und von Rück­schlägen erzählt?
Prinz: In der Regel erzähle ich nicht davon, weil es ratsam ist, dass Spie­le­rinnen ihre eigenen Erfah­rungen machen. Aber natür­lich kommen manchmal Spie­le­rinnen zu mir und fragen, wie ich Situa­tionen erlebt habe. Aber ich gehe da nicht zu sehr ins Detail, das lenkt nur von der heu­tigen Gene­ra­tion und den Pro­blemen der Gegen­wart ab.

Stich­wort: Gene­ra­ti­ons­über­grei­fend. Wer von Ihnen spielt eigent­lich an der Kon­sole?
Popp: Ganz selten.

Prinz: Gar nicht. Ich habe es aber ein- oder zweimal aus­pro­biert, das ist aller­dings schon etwas her.

Brand: Ab und zu spiele ich. Ich habe mich noch nicht selbst im Ulti­mate-Team-Modus gespielt, mitt­ler­weile ist das ja mög­lich und bin ich gespannt wie sich meine Karte spielen lässt. Ich sehe auch, wie Strea­mende auf ihre Packs reagieren, in denen es ja jetzt auch Frauen gibt.

Die Auf­re­gung um die Spie­le­rinnen im UIti­mate Modus war groß. Es gab Kritik, zum Bei­spiel, dass die Fuß­bal­le­rinnen im Ver­gleich zu ihren männ­li­chen Kol­legen unrea­lis­tisch gut seien. Wie wurde das bei Ihnen auf­ge­nommen?
Popp: Es ist kein Thema, das bei uns ständig bespro­chen wird. Aber wir haben natür­lich die Dis­kus­sionen in den Sozialen Medien ver­folgt.

Und?
Popp: Ich erin­nere mich da immer gerne an meinen Bruder. Wenn er an der Kon­sole gezockt hat, da flogen die Con­troller in aller Regel­mä­ßig­keit durch das Zimmer. Dieses Spiel för­dert halt die Emo­tionen, aber bei allem Respekt: Es ist immer noch ein Spiel. Ich glaube, die Leute über­treiben da ein wenig, ver­mi­schen die reale mit der vir­tu­ellen Welt. Natür­lich sind wir als Fuß­bal­le­rinnen – die mit allen Vor­ur­teilen kon­fron­tiert worden sind – von der Situa­tion nicht über­rum­pelt worden. Die Sprüche, wir seien nicht so gut wie unsere männ­li­chen Kol­legen, kennen wir ja zur Genüge.

Was viele Fans immer wieder beschäf­tigt, ist die Frage, wel­cher Spieler aus his­to­ri­scher Per­spek­tive der Beste war. Pelé oder Messi? Netzer oder Kroos? Also: Wie gut wäre Birgit Prinz heute?
Prinz: An der Kon­sole lässt sich das auch her­aus­finden, oder? Ernst­haft: Ich finde die Frage immer unglück­lich, weil sich Zeiten eben ändern. Aber man sieht, dass Spie­le­rinnen wie Dzse­nifer Marozsán oder Alex Popp, mit denen ich noch gespielt habe, sich auch heute noch behaupten können. Des­halb: Ich hätte meinen Weg schon gemacht, auch wenn der Frau­en­fuß­ball nochmal ath­le­ti­scher geworden ist, weil viel früher viel pro­fes­sio­neller gear­beitet wird.

Gibt es etwas, das Sie heute auf dem Trai­nings­platz beein­druckt?
Prinz: Dass die Mädels tech­nisch auf einem sehr hohen Niveau unter­wegs sind. (Schaut zu Jule Brand.) Wenn Jule antritt und ihre Geg­ne­rinnen stehen lässt, daran kann ich mich erfreuen. Den tech­ni­schen Schnick­schnack, das Jon­glieren, das können sie heute alle besser als wir.

Brand: Danke, das ist ein sehr schönes Gefühl gerade.

Große Tur­niere gelten stets als Messen des Fuß­balls, wo unter­schied­liche Spiel­stile zusam­men­kommen und Neues ent­deckt wird. Was ist Ihnen in Erin­ne­rung geblieben?
Prinz: Was mir auf dem Platz gefallen hat, sind die Pass­va­ria­tionen, wie wir sie bei der WM im spa­ni­schen Team gesehen haben, die auch unter Druck noch funk­tio­nieren. Das macht Spaß beim Zuschauen!

Brand: Ja, die Spa­nie­rinnen haben einen tech­ni­schen Fuß­ball gezeigt, der vor allem in engen Räumen beein­dru­ckend war. Das haben sie anderen Teams gerade voraus. Für uns heißt es, an dieses Niveau so schnell wie mög­lich wieder her­an­zu­rei­chen.

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Dieses Inter­view ent­stand im Rahmen des Launch Events von EA SPORTS FC 24.

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