Gegen den Strom - Der FF USV Jena 11FREUNDE

October 2024 · 4 minute read

Ein Uni­ver­si­täts­sport­verein in der Bun­des­liga, das ist selbst für den Frau­en­fuß­ball unge­wöhn­lich. Gerade jetzt, wo der Trend dahin geht, dass Ver­eine, die eine Män­ner­mann­schaft in der Bun­des­liga haben eine Frau­en­ab­tei­lung auf­bauen, wie Werder Bremen, oder mit einer bestehenden Frau­en­mann­schaft fusio­nieren, wie der 1. FC Köln. Im Frau­en­fuß­ball nicht aktiv zu sein bedeutet ein Manko, denn wohl kein Bereich des DFBs wächst so rasant, wie der Frauen- und Mäd­chen­fuß­ball. Der FF USV Jena schwimmt in der zuneh­menden Pro­fes­sio­na­li­sie­rung ein wenig gegen den Strom. 

 
Das Gelände des FF USV Jena liegt idyl­lisch in der hüg­ligen Land­schaft des Saa­le­tals. Der ros­tige Draht­zaun, der das Gelände umgibt, lässt nicht ver­muten, dass hier eine Bun­des­li­ga­mann­schaft ihr Zuhause hat. Dabei waren die Jenen­se­rinnen schon zu DDR Zeiten im Frau­en­fuß­ball aktiv. Der größte Erfolg war die ost­deut­sche Meis­ter­schaft 1991. Dadurch konnte sich der USV für die zwei­glei­sige Bun­des­liga qua­li­fi­zieren, in der sie sich jedoch nicht halten konnten. Es dau­erte zehn Jahre, bis sich die Thü­rin­ge­rinnen wieder nach oben spielten. 

Im Nie­der­la­gen­hagel
 
Ein ähn­lich kurz­zei­tiges Aben­teuer erwar­tete man nach dem Auf­stieg 2008. Der Sai­son­start ver­lief denkbar schlecht, es hagelte Nie­der­lagen, gegen den FCR Duis­burg verlor Jena zuhause mir 7:0, gegen Wolfs­burg am nächsten Spieltag mit 6:0. Ein Licht­blick war der 5. Spieltag, mit einem 1:0 gegen Crails­heim entkam man den Abstiegs­plätzen. So richtig in Schwung kam Jena in der Rück­runde. Am Ende erreichte die Mann­schaft einen soliden achten Platz. 

Finan­ziell pro­fi­tiert der Verein von den Fern­seh­gel­dern, die der DFB auch an Frau­en­mann­schaften ver­teilt. Seitdem können neben den vielen Ehren­amt­li­chen auch zwei Fest­an­ge­stellte die Geschicke des Ver­eins betreuen. Trotzdem ist das Budget des USV ver­schwin­dend klein. Im Durch­schnitt stehen einem Bun­des­li­ga­verein 330.000 Euro zur Ver­fü­gung. Aus Geldnot wurde die Mar­ke­ting­ab­tei­lung erfin­de­risch, für die neue Saison suchte man Spie­le­rinnen per Inter­net­an­zeige. »Wir haben keine Spie­ler­decke von 30–40 Spie­le­rinnen, wie andere Mann­schaften der Liga, da sind wir um jede neue, gute Spie­lerin dankbar«, erklärt Andrea Alt­mann, die für das Mar­ke­ting des Ver­eins zuständig ist. Das oberste Ziel bleibt, da ist man in Jena rea­lis­tisch, weiter der Klas­sen­er­halt. 

Selten gab es in der Frau­en­bun­des­liga so viele Trans­fers aus In- und Aus­land wie vor dieser Saison. Auch Jena hat auf­ge­rüstet, doch nicht mit Ein­käufen aus Skan­di­na­vien oder gar den USA. Die Thü­ringer stre­cken ihre Fühler nach Süden aus, weit nach Süden. Zur Win­ter­pause ver­stärkte sich der USV mit zwei Spie­le­rinnen aus Afrika. Adjoa Bayor kam von Gathel Ladies, einer Verein aus ihrer Heimat Ghana. Die 30-Jäh­rige bringt in die sonst junge Mann­schaft viel Erfah­rung mit, sie ist lang­jäh­rige Natio­nal­spie­lerin und wurde 2007 sogar bei der Wahl zur Fuß­bal­lerin des Jahres nomi­niert. Aus Äqua­to­ri­al­guinea wech­selte Geno­veva Añonma nach Thü­ringen. Die Mit­tel­feld­spie­lerin wurde zur erfolg­reichsten Jenaer Tor­schützin der Rück­runde, in acht Spielen traf sie sechs Mal. Añonma gilt als beste Fuß­bal­lerin Afrikas. Bei der Pres­se­vor­stel­lung fühlten sich die beiden noch nicht so ganz wohl in ihrer Haut. Nun haben beide ihre Ver­träge bis Sommer 2011 ver­län­gert. Vor Sai­son­start folgte jetzt die dritte afri­ka­ni­sche Spie­lerin. Ihr Name stellt die Trikot-Beflo­cker und Fans vor eine schwere Auf­gabe, Mar­lyse Ber­na­dett Ngo Ndo­um­bouk heißt die Dame aus Kamerun, die eben­falls die Offen­sive ver­stärken soll.

Afrika wurde von Frau­en­fuß­ballscouts aus Deutsch­land lange über­sehen. Es gibt dort viele unent­deckte Talente, denn Fuß­ball ist in fast jedem Staat Volks­sport, der ganze Dörfer vor kleine Flim­mer­kisten lockt. Diese Euphorie geht an Mäd­chen nicht vorbei. Noch dazu gibt es viele Pro­jekte, die Ent­wick­lungs­hilfe über Fuß­ball betreiben. Es ist kein Zufall, dass das berühm­teste Jugend­tur­nier der Welt, dem Nor­wegen Cup regel­mäßig Mäd­chen­mann­schaften aus Afrika gewinnen. 

Ein wei­teres Stand­bein des FF USV Jena ist die Jugend­ar­beit. Die meisten Spie­le­rinnen kommen aus der erwei­terten Region, viele von ihnen besu­chen, oder besuchten das Sport­gym­na­sium in Jena, mit dem der Verein eine enge Zusam­men­ar­beit pflegt. Neben Mar­lyse Ber­na­dett Ngo Ndo­um­bouk kamen drei Spie­le­rinnen aus der eigenen Jugend neu in die Mann­schaft von Trai­nerin Heidi Vater.

Der Sai­son­auf­takt, gegen den SC Frei­burg ver­lief erfreu­lich. Durch ein Tor von Ivonne Hart­mann sicherte sich Jena gleich zu beginn drei wich­tige Punkte. Am Sonntag emp­fangen sie den FC Bayern Mün­chen an der Oberaue in Jena. In Mün­chen fehlt zwar die Euro­pa­meis­terin Melanie Beh­ringer, doch ein Sieg gegen die Cham­pions League Teil­neh­me­rinnen wäre trotzdem eine kleine Sen­sa­tion. Trotz Jugend­ar­beit und fin­diger Trans­fers aus einem bis jetzt über­se­henen Kon­ti­nent wird es für den Uni­ver­si­täts­sport­verein in Zukunft schwer sein, sich in der Bun­des­liga zu eta­blieren. Mit Bremen, Köln und Lever­kusen drängen in der 2. Bun­des­liga drei Satel­li­ten­mann­schaften nach oben, die finan­ziell abge­si­chert sind, beste Trai­nings­mög­lich­keiten haben und aus einem Umfeld kommen, in dem man das Geschäft Pro­fi­fuß­ball bes­tens kennt.

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