
Ein Universitätssportverein in der Bundesliga, das ist selbst für den Frauenfußball ungewöhnlich. Gerade jetzt, wo der Trend dahin geht, dass Vereine, die eine Männermannschaft in der Bundesliga haben eine Frauenabteilung aufbauen, wie Werder Bremen, oder mit einer bestehenden Frauenmannschaft fusionieren, wie der 1. FC Köln. Im Frauenfußball nicht aktiv zu sein bedeutet ein Manko, denn wohl kein Bereich des DFBs wächst so rasant, wie der Frauen- und Mädchenfußball. Der FF USV Jena schwimmt in der zunehmenden Professionalisierung ein wenig gegen den Strom.
Das Gelände des FF USV Jena liegt idyllisch in der hügligen Landschaft des Saaletals. Der rostige Drahtzaun, der das Gelände umgibt, lässt nicht vermuten, dass hier eine Bundesligamannschaft ihr Zuhause hat. Dabei waren die Jenenserinnen schon zu DDR Zeiten im Frauenfußball aktiv. Der größte Erfolg war die ostdeutsche Meisterschaft 1991. Dadurch konnte sich der USV für die zweigleisige Bundesliga qualifizieren, in der sie sich jedoch nicht halten konnten. Es dauerte zehn Jahre, bis sich die Thüringerinnen wieder nach oben spielten.
Im Niederlagenhagel
Ein ähnlich kurzzeitiges Abenteuer erwartete man nach dem Aufstieg 2008. Der Saisonstart verlief denkbar schlecht, es hagelte Niederlagen, gegen den FCR Duisburg verlor Jena zuhause mir 7:0, gegen Wolfsburg am nächsten Spieltag mit 6:0. Ein Lichtblick war der 5. Spieltag, mit einem 1:0 gegen Crailsheim entkam man den Abstiegsplätzen. So richtig in Schwung kam Jena in der Rückrunde. Am Ende erreichte die Mannschaft einen soliden achten Platz.
Finanziell profitiert der Verein von den Fernsehgeldern, die der DFB auch an Frauenmannschaften verteilt. Seitdem können neben den vielen Ehrenamtlichen auch zwei Festangestellte die Geschicke des Vereins betreuen. Trotzdem ist das Budget des USV verschwindend klein. Im Durchschnitt stehen einem Bundesligaverein 330.000 Euro zur Verfügung. Aus Geldnot wurde die Marketingabteilung erfinderisch, für die neue Saison suchte man Spielerinnen per Internetanzeige. »Wir haben keine Spielerdecke von 30–40 Spielerinnen, wie andere Mannschaften der Liga, da sind wir um jede neue, gute Spielerin dankbar«, erklärt Andrea Altmann, die für das Marketing des Vereins zuständig ist. Das oberste Ziel bleibt, da ist man in Jena realistisch, weiter der Klassenerhalt.
Selten gab es in der Frauenbundesliga so viele Transfers aus In- und Ausland wie vor dieser Saison. Auch Jena hat aufgerüstet, doch nicht mit Einkäufen aus Skandinavien oder gar den USA. Die Thüringer strecken ihre Fühler nach Süden aus, weit nach Süden. Zur Winterpause verstärkte sich der USV mit zwei Spielerinnen aus Afrika. Adjoa Bayor kam von Gathel Ladies, einer Verein aus ihrer Heimat Ghana. Die 30-Jährige bringt in die sonst junge Mannschaft viel Erfahrung mit, sie ist langjährige Nationalspielerin und wurde 2007 sogar bei der Wahl zur Fußballerin des Jahres nominiert. Aus Äquatorialguinea wechselte Genoveva Añonma nach Thüringen. Die Mittelfeldspielerin wurde zur erfolgreichsten Jenaer Torschützin der Rückrunde, in acht Spielen traf sie sechs Mal. Añonma gilt als beste Fußballerin Afrikas. Bei der Pressevorstellung fühlten sich die beiden noch nicht so ganz wohl in ihrer Haut. Nun haben beide ihre Verträge bis Sommer 2011 verlängert. Vor Saisonstart folgte jetzt die dritte afrikanische Spielerin. Ihr Name stellt die Trikot-Beflocker und Fans vor eine schwere Aufgabe, Marlyse Bernadett Ngo Ndoumbouk heißt die Dame aus Kamerun, die ebenfalls die Offensive verstärken soll.
Afrika wurde von Frauenfußballscouts aus Deutschland lange übersehen. Es gibt dort viele unentdeckte Talente, denn Fußball ist in fast jedem Staat Volkssport, der ganze Dörfer vor kleine Flimmerkisten lockt. Diese Euphorie geht an Mädchen nicht vorbei. Noch dazu gibt es viele Projekte, die Entwicklungshilfe über Fußball betreiben. Es ist kein Zufall, dass das berühmteste Jugendturnier der Welt, dem Norwegen Cup regelmäßig Mädchenmannschaften aus Afrika gewinnen.
Ein weiteres Standbein des FF USV Jena ist die Jugendarbeit. Die meisten Spielerinnen kommen aus der erweiterten Region, viele von ihnen besuchen, oder besuchten das Sportgymnasium in Jena, mit dem der Verein eine enge Zusammenarbeit pflegt. Neben Marlyse Bernadett Ngo Ndoumbouk kamen drei Spielerinnen aus der eigenen Jugend neu in die Mannschaft von Trainerin Heidi Vater.
Der Saisonauftakt, gegen den SC Freiburg verlief erfreulich. Durch ein Tor von Ivonne Hartmann sicherte sich Jena gleich zu beginn drei wichtige Punkte. Am Sonntag empfangen sie den FC Bayern München an der Oberaue in Jena. In München fehlt zwar die Europameisterin Melanie Behringer, doch ein Sieg gegen die Champions League Teilnehmerinnen wäre trotzdem eine kleine Sensation. Trotz Jugendarbeit und findiger Transfers aus einem bis jetzt übersehenen Kontinent wird es für den Universitätssportverein in Zukunft schwer sein, sich in der Bundesliga zu etablieren. Mit Bremen, Köln und Leverkusen drängen in der 2. Bundesliga drei Satellitenmannschaften nach oben, die finanziell abgesichert sind, beste Trainingsmöglichkeiten haben und aus einem Umfeld kommen, in dem man das Geschäft Profifußball bestens kennt.
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